Stadtrundgang zum Thema 1989
Der Stadtrundgang hat genauso wie die 1989-Geschichte in der Nikolaikirche begonnen. In dieser Kirche wurden seit dem 10. September 1982 jeden Montag Friedensgebete gegen das Wettrüsten in Ost und West organisiert, die von dem Pfarrer Christian Führer geleitet wurden. Später, im Jahre 1989 haben sich an die Friedensgebete die Montagsdemonstrationen angeschlossen. Ein Mitorganisator war auch Christoph Wonneberger, der Pfarrer der evangelischen Lukasgemeinde in Leipzig-Volkmarsdorf.
Der traditionelle Termin der Friedensgebete in der Nikolaikirche und drei anderen Kirchen in der Leipziger Innenstadt, montags um 17:00 Uhr, hat sich als geschickt gewählt erwiesen. Er hat einerseits die Teilnahme an Gebet und Demonstration erlaubt, ohne der Arbeit fernbleiben zu müssen. Andererseits hat er auch vor der Ladenschlusszeit der Leipziger Innenstadt gelegen, so dass es relativ gefahrlos war, sich dort aufzuhalten ohne die Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte auf sich zu ziehen. Außerdem ermöglichte er den westdeutschen Fernsehsendern den Beginn der Demonstrationen regelmäßig in die Hauptnachrichtensendungen zu übernehmen. Das Bildmaterial musste dabei aus Leipzig herausgeschmuggelt werden, da die Stadt für westliche Journalisten zu dieser Zeit gesperrt war.
Während des ganzen Jahres 1989 haben eine Vielzahl öffentlicher Aktionen von Bürgerrechtgruppen, wie die Demonstration für Meinungs- und Pressefreiheit im Januar, das Straßenmusikfestival (vor der Thomaskirche) im Juni oder die entscheidende Massendemonstration am 9. Oktober die Staatssicherheit im Atem gehalten.
Schon im Frühling 1989 während dem Messemontag am 13.3. hat die Staatssicherheit einige Leute verhaftet, die aber schnell wieder entlassen wurden. Im Sommer gab es eine Pause, um sich nach den Ferien noch stärker zu engagieren.
Die erste Montagsdemonstration hat am 4. September 1989 stattgefunden. Die Kundgebung auf dem Nikolaikirchhof mit einigen Transparenten hat unter dem Eindruck der Massenflucht vieler DDR-Bürger vor allem Reisefreiheit gefordert. Weil bundesdeutsche Journalisten vor Ort waren, hat die Staatssicherheit versucht, die Transparente zu entfernen und die Demonstration aufzulösen. Auf diesen Versuch hin haben die Sicherheitskräfte laute „Stasi-raus“-Rufe geerntet.
Am 25. September sind die Demonstranten zum ersten Mal durch die Stadt gegangen. Was vor einigen Wochen mit nicht mehr als ein paar Hunderten von Menschen angefangen hatte, war jetzt zur einer großen Aktion mit über 5.000 Leuten gewachsen. In der darauffolgenden Woche war die Zahl der Protestierenden schon auf 20.000 angestiegen. Die Polizei ist teilweise mit Gewalt gegen die Demonstrierenden vorgegangen, vor allem am 2. Oktober 1989 und auch während der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Gründung der DDR am 7. und 8. Oktober 1989. Diese Demonstration war riesig. Es gab so viele Menschen, dass alle Kirchen in der Stadt geöffnet wurden. Sie sind von der Nikolaikirche auf den Karl-Marx-Platz (heute Augustus Platz) gegangen, wo sich 70.000 Leute versammelt haben. Dann sind sie mit vielen Plakaten und dem Slogan 'Wir sind das Volk' um die Stadt im Kreis gelaufen.
Am 16. Oktober 1989 haben bereits 120.000 Demonstranten teilgenommen und militärische Einheiten wurden noch in Reserve gehalten. Der 23. Oktober war entscheidend, vor der Oper haben sich 320.000 Leute getroffen. Die Polizei hatte das nicht unter der Kontrolle, die Staatssicherheit musste die Leitung in Berlin informieren. Bis die Partei ihren Bescheid gegeben hat, ist die Demonstration ruhig beendet worden.
Diese letzten Ereignisse haben gezeigt, dass die Polizei schon nicht eingreifen konnte. Es hat noch einige Monate gedauert, bis die Berliner Mauer gefallen ist und Deutschland vereinigt wurde, aber diese Spontanaktionen haben dazu sehr geholfen.
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